Archiv für März 2006

Wartend auf Weißrussland

Sonntag, 19. März 2006

Jeans und Cola machen keine Revolution, deshalb wählen viele WeißrussInnen bei den Präsidentschaftswahlen lieber den status quo der kleinen Stabilisierung als sich der Diktatur des Kapitals zu unterwerfen.

von Emmanuelle Piriot und Kamil Majchrzak (Minsk)

„Sie schreien laut sie seien gegen Lukaschenko, aber was schlagen diese Oppositionellen vor? Freiheit und Demokratie? Und was wollen die Menschen damit machen, wenn Sie kein Geld zum Reisen haben? Mit Lukaschenko haben sie nicht viel aber wenigstens haben sie etwas zu Essen“ – beklagt mit Ironie Natalia, eine junge Studentin der Wirtschaftswissenschaften aus Minsk, die ein halbes Jahr auch an der Europa-Universität Viadrina studiert hat. Auch Natalia ist gegen Lukaschenko erwartet aber keine Veränderungen nach den Präsidentschafts-Wahlen. Es ist absehbar, dass Lukaschenko auch beim dritten Urnengang im Amt bestätigt wird, welches er seit 1994 unter Kontrolle hat. Die drei anderen Kandidaten schaffen es – auch ohne Wahlmanipulationen – nicht die WählerInnen zu einer Stimmabgabe gegen den Ex-Kolchos-Direktor zu überzeugen.

Für westliche Demokratien gilt Weißrussland als „letzte Diktatur“ in Europa. Diese Folie legitimiert das neoliberale Programm bürgerlicher Demokratien, erklärt jedoch nicht warum die Opposition in Weißrussland kein signifikantes Vertrauen in der Bevölkerung genießt. Lukaschenko hat gewiss alle unabhängigen Zeitungen geschlossen und die Aktivitäten von NGOs, die nicht für Lukaschenko standen, bzw. eine internationale Ausrichtung aufwiesen, nahezu ausgeschaltet. Damit sollte das Land abgeschottet und ausländischen Einflüssen entzogen werden. (mehr …)