Archiv für Januar 2007

Hart an der Grenze – Frankfurt oder Frontstadt

Donnerstag, 25. Januar 2007

Neubaughetto der Kleiststadt Frankfurt (Oder), Foto: Alexander Rossbach
Neubaughetto der Kleiststadt Frankfurt (Oder),
Foto: Alexander Roßbach
Gleichzeitig erschienen in Jungle World # 4 vom 24.01.2006

Am Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz will die NPD durch Frankfurt an der Oder marschieren.

von Kamil Majchrzak

Das passte dem damaligen Generalsekretär der CDU in Brandenburg, Sven Petke, über­haupt nicht. Entschlossen protestierte er dagegen, dass Peter Gingold, ehemaliger Wider­standskämpfer und Überlebender von Ausch­witz, zum 60. Jahrestag des Kriegsendes Frankfurt an der Oder besuchte. Gingold habe »Gewalt unterstützt«, monierte der allzeit friedliche Petke. Auch der Kreisvorsitzende der Frankfurter CDU, Stefan Große Boymann, sagte, dass für ihn die »Verbindung des Redners mit dem linksextremistischen Verband problematisch ist«.

Zum 62. Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz hat sich die Brandenburger CDU etwas anderes ausgedacht. Sie wird den Gedenktag am 27. Januar in Frankfurt an der Oder mit einem Landesparteitag bege­hen. Während die Partei im Kleistforum tagt, werden aber auch bekennende Neonazis durch die Stadt marschieren. Dazu hat der Branden­burger Landesverband der NPD unter dem wohl satirisch gemeinten Motto »Deutschland ist ab­geMERKELt! Brandenburg auch! Danke schönBOHM« aufgerufen.

Es ist kein Zufall, dass sich die NPD die Grenzstadt Frankfurt an der Oder zu Zwecken der Agi­tation ausgesucht hat. Die Neonazis bemühen sich seit zwei Jahren, dort erneut einen Ortsverband auf­zu­bauen. Eine diesem Ansinnen entgegenkom­men­de rassistische Grundstimmung ist in der Stadt durchaus vorhanden. Am 9. November des vergangenen Jahres belagerten rund 40 Neonazis die Gedenkveranstaltung zum Jahrestag der Reichspogrom­nacht, später wurde der Gedenkstein für die Frank­furter Synagoge verwüstet. Kürzlich sind in diesem Zusammenhang fünf Jugendliche vor dem Frank­furter Amtsgericht wegen Volksverhetzung und Störung der Totenruhe mit Bewährungsstrafen bzw. Verwarnungen davongekommen. Angriffe auf linke Jugendliche sind in der Stadt an der Tagesordnung, Beleidigungen von Migranten auch. Die Neonazi-Szene und die Hool-Gemeinde des Frankfurter Fußballclubs Viktoria werden immer stärker.

Die Stadtverordnetenversammlung und Oberbürgermeister Martin Patzelt (CDU) haben inzwischen in einer Resolution zu Protesten gegen die NPD aufgerufen. »Wir werden den Aufmarsch der Nazis nicht hinnehmen«, wurde lauthals verkündet. 150 Kameraden erwartet die NPD. Frank Hühner von der »Plattform gegen Rechts« kündigte an: »Wir werden mit Sicherheit mehr Leute mobilisieren.«

(mehr …)

»Es betrifft Hunderttausende«

Montag, 15. Januar 2007

Die Pariser Gruppe »Jeudi-Noir« feiert Partys in leeren Wohnungen, um auf die Wohnungsnot hinzuweisen. Emmanuelle Piriot im Gespräch mit Julien Bayou, einem Mitglied der Initiative.

Gleichzeitig erschienen in Jungle World # 2 vom 10.01.2007.
Was ist euer Ziel?

»Jeudi-Noir« ist aus Verärgerung entstanden. Es ist außerordentlich schwer, eine passende Wohnung in Paris zu bekommen, insbesondere für junge Leute. Darauf möchten wir auf eine ironische Art hinweisen. Das Problem ist aber sehr ernst. Es betrifft Hunderttausende. Der Staat wird seiner Rolle nicht gerecht. Wenn man bedenkt, dass eine Wohnung notwendig ist, um eine Arbeitsstelle zu finden und für das soziale Leben im Allgemeinen, muss der Staat unterstützend tätig werden.

Warum habt ihr euch zu dieser Aktionsform entschlossen?

Wir haben uns durch die Bewegung »Génération précaire« kennen gelernt, die darauf aufmerksam gemacht hat, welche Schwierigkeiten jüngere Leute haben, eine Arbeitsstelle zu finden, und welcher Missbrauch mit Praktika betrieben wird. Dabei haben wir viel gelernt. Wir haben uns gefragt, was wir zum Thema Wohnen, dem zweitgrößten Problem nach der Arbeitssuche, machen könnten. Ein Freund, der eine Wohnung suchte, erzählte uns, wie er eine sehr schöne und teure Wohnung besichtigt hatte. Dabei bemerkte er, wie andere sich diese Wohnung einfach aus Spaß anschauten. Sie waren verbittert darüber, dass ihre Bewerbungen von den Besitzern immer abgelehnt wurden. So kamen wir auf die Idee, in den Wohnungen, die wir uns nie werden leisten können, Partys zu feiern. Dadurch wollen wir zum Umdenken bewegen.

(mehr …)