Züchtigen fürs Kindeswohl
Donnerstag, 20. März 2008In Polen wird seit Jahren an einer Neuregelung der Jugendstrafgesetzgebung gearbeitet. Im Entwurf geht es vor allem um Repression gegen Jugendliche, der Erziehungsgedanke spielt keine Rolle mehr. Sechster Teil der Serie Jugend und Strafe in Europa
von Kamil Majchrzak
gleichzeitig erschienen in der Jungle World # 12 vom 20.03.2008
Die alten Gesetze zum Umgang mit minderjährigen Straftätern seien heutzutage – nach dem erfolgten Systemwechsel – nicht mehr ausreichend, darin sind sich der ehemalige Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski und sein liberaler Nachfolger Donald Tusk einig. Bisher galt für Jugendliche ein Gesetz aus dem Jahr 1982. Das polnische Justizministerium bastelte seit einigen Jahren an einem Strafgesetzbuch für Minderjährige, das jetzt kurz vor dem Abschluss steht.
Polen wird damit gegen alle Warnungen von Pädagogen und Sozialarbeitern wohl in Zukunft über eine Sonderstrafgesetzgebung für Minderjährige verfügen, die eindeutig nicht auf Erziehung, sondern auf Repression setzt. Das bisherige mehrstufige Verfahren im Umgang mit minderjährigen Straftätern, bei dem ein Familienrichter während eines Ermittlungsverfahrens zugleich auch die Betreuung sicherstellte, soll nun durch ein rein strafprozessuales Ermittlungsverfahren der Polizei ersetzt werden. Das Gesetzbuch enthält mehr als 200 Artikel und regelt sowohl die Festnahme und die Anordnung von Ordnungsstrafen als auch die zwangsweise Beschäftigung von Jugendlichen in speziellen Anstalten.
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