Wie die Frauenbewegung zum Gender-Management kam
Dienstag, 17. August 2010von Tove Soiland, gleichzeitig erschienen in telegraph # 120|121 (2010)
Ich muss gestehen, dass die Zeit, während der ich an diesem Vortrag schrieb(1), eine unruhige Zeit war: ich wurde beständig unterbrochen – und zwar eigentlich von niemand anderem als mir selbst. Ich war nämlich fast unentwegt damit beschäftigt, auf diversen Internetseiten die neuen roten, grünen, blauen und gelben Fähnchen zu zählen, die da, farbigen Geysieren gleich, aus dem trockenen Kartenboden von google-map hervorsprangen, für jeden neuen besetzten Hörsaal und jede Universität eins. Ich war damit beschäftigt, mich per youtube und livestream virtuell in diese besetzten Hörsäle einzuklinken, ich lauschte stundenlang und mit angestrengtem Ohr, weil oft die Technik noch nicht wirklich funktioniert, den dort stattfindenden Meinungsbildungsprozessen, einfach, weil mich die Art, wie diese jungen Menschen miteinander diskutierten, ebenso faszinierte wie tief berührte. Und zu guter letzt war ich abgelenkt von meinen eigenen bescheidenen Aktivitäten, zusammen mit Gleichgesinnten eine ebensolche Diskussion auch unter Lehrenden in Gang zu bringen. Und so kam ich zum Schluss, dass ich derzeit offenbar nicht öffentlich sprechen kann, ohne auch über die StudentInnenproteste zu sprechen und vor allem über deren Ursache: den Bolognaprozess. Warum gehen mir diese Proteste so nahe? Was beschäftigt mich als freie Lehrbeauftragte an Bologna, und zwar in einer Weise, die mich, der es bisher vor allen elektronischen Vernetzungen graute, weil ich sie für eine unnötige Ablenkung hielt, die mich also als schon etwas Ergraute zu diesen Kästchen von twitter und facebook trieb?