Libyen: Verbrechen und Menschenrechte nach Maß
Montag, 20. Juni 2011Deutschland behauptet, am Krieg gegen Libyen nicht beteiligt zu sein, deckt ihn aber politisch wie militärisch. Dass in der bürgerlichen Gesellschaft das Recht als vermeintlich neutrales Mittel zur Herstellung von Konsens gebraucht wird, gilt zumindest in linksradikalen Theoriezirkeln als hinlänglich bekannt, weshalb man sich damit nicht befassen müsse.
von Kamil Majchrzak, gleichzeitig erschienen in SoZ – Sozialistische Zeitung # 05/2011
Ein Evergreen kolonialistischer Politik, die humanitäre Intervention, scheint nun die Waffe der linken Kritik zum Verstummen zu bringen: Wiederaufblühender Militarismus bestimmt die internationale Politik, wir werden mit Maßnahmen konfrontiert, die von der militärischen Intervention zur gewaltsamen Durchsetzung eines Regimewechsels bis zur Etablierung der EU als neue Sanktionsinstanz reichen. In der Friedensbewegung ist um das Für und Wider einer humanitären Intervention eine heftige Auseinandersetzung entbrannt, einige sehen in ihr das kleinere Übel angesichts gravierender Not (siehe Elfenbeinküste und Libyen).
Dabei treten die Widersprüche zwischen einer «wertegeleiteten Außenpolitik», auf die sich nicht nur die CDU/CSU beruft, und den Interessen des Westens bei den jüngsten Resolutionen des UN-Sicherheitsrats vom 18.März (1973, zu Libyen) und vom 30.März (1975, zur Elfenbeinküste) unverhüllt an die Oberfläche. Sie spiegeln sich auch im außenpolitischen Salto mortale der Bundesrepublik Deutschland: einerseits leistet sie einen aktiven Beitrag zur Eskalation der Gewalt, andererseits inszeniert sie medial ihrer Nichtbeteiligung am Krieg.
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