Polnische Partisaninnen und Frauen-Soldaten beim Tag der Mahnung (VVN-BdA) in Berlin

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Bewegte Leben: Janina Duda und Adela Zurawska berichten zum Tag der Mahnung in Berlin von ihrem aktiven Kampf gegen den Faschismus

von Kamil Majchrzak und Andreas Domma (Foto)

gleichzeitig erschienen in Junge Welt vom 08.09.2012, Seite 4 (Beilage)

Kurz nach der Befreiung vom Faschismus initiierten Überlebende der Konzentrationslager auf dem unmittelbar hinter dem Tempelhofer Feld liegenden Neuköllner Werner-Seelenbinder-Stadion einen Gedenktag für die Opfer des Faschismus. Die Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA), führt diesen Gedenktag seit 1990 als »Tag der Erinnerung, Mahnung und Begegnung« fort. Sie setzt dabei auf die Vielfalt des antifaschistischen Denkens und Handelns. Daraus erwächst seine Kraft und Ausstrahlung, die nicht Rituale, sondern kritische Reflektion einfordert. Für viele Antifaschisten ist dies ein Ansporn für aktuelle gesellschaftliche Kämpfe gegen Rassismus.

Eine zentrale Stelle nehmen dabei Begegnungen mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen ein. Am 9. September werden auf der Bühne des Festes auf dem Tempelhofer Feld in Berlin zwei herausragende polnische Widerstandskämpferinnen, die polnisch-jüdische Partisanin Janina Duda und die ehemalige Kompaniechefin des Emilia-Plater-Frauenbataillons Adela Zurawska begrüßt. Anschließend wird es Zeit für direkte Gespräche geben. Am 10. September (Montag) werden beide auf Einladung der Abgeordneten Sevim Dagdelen und Harald Koch im Bundestag empfangen.

Janina Duda

Janina Duda wurde 1918 in Biaystok geboren und ist heute aktiv in der Vereinigung der Jüdischen Kombattanten in Warschau. Sie erinnert sich an die erste Begegnung mit den Faschisten nach dem Überfall auf die Sowjetunion: »Ungefähr nach zehn Tagen sind die deutschen Soldaten auf schweren Motorrädern gekommen. Schon am ersten Tag wurden die Synagoge, mit Hunderten Juden darin, sowie unser ganzes Stadtviertel niedergebrannt. Mein Mann Jankiel Baran, auch ein Sportler, ist nicht weit von der Stadt erschossen geworden.« Im Herbst 1941 floh sie vor der Deportation ins Ghetto in Richtung Polesien und Wolynien und versteckte sich bei Bauern und in den Wäldern. Ende 1942 trat sie dem 9. sowjetischen Partisanenbataillon unter Generalmajor Alexander Saburow bei. Als die 1. Polnische Armee an der Seite der Roten Armee nach Westen vordrang, schloß sich Janina dieser an. Im Juli 1944 wurde sie per Fallschirm mit ihrem späteren Ehemann Teodor Duda hinter den feindlichen Linien abgesetzt, um den Widerstand der polnischen Partisanen der Armia Ludowa (AL) zu unterstützen. Es ist u.a. ihr und der Vereinigung der Jüdischen Kombattanten unter dem Vorsitz von Tomasz Miedzinski zu verdanken, daß der vielfältige Beitrag der jüdischen KombattantInnen im Kampf gegen den Faschismus allmählich anerkannt wird. Insgesamt kämpften mehr als 1,5 Millionen Juden in den Armeen der Antihitlerkoalition. Mehr als 200000 Juden kämpften allein in den Reihen regulärer polnischer Verbände an der Seite der Sowjetunion und bei den Alliierten im Westen.

Adela Zurawska wurde 1923 in Kakolowice (bei Rzeszów) geboren. Sie ist Vorsitzende des Verbandes der Frauen-Soldaten der 1. und 2. Polnischen Armee in der Kombattanten-Vereinigung ZKRP i BWP. Nach dem Einmarsch der sowjetischen Truppen am 17. September 1939 wurde die 16jährige im Februar 1940 im Rahmen der sogenannten Dekulakisierung, wie es damals hieß, ohne ihre Eltern nach Krasnouralsk im Mittleren Ural verschleppt. Dort arbeitete sie in einer Kupfermine. Sie hegte keinen Groll gegenüber der russischen Bevölkerung. Im Gegenteil, sie unterstreicht, daß das Überleben in Sibirien ohne deren Unterstützung nicht möglich gewesen wäre. Sie differenziert bewußt zwischen Fehlern der damaligen Sowjetführung sowie den Menschen und dem entscheidenden Beitrag der Roten Armee zur Befreiung Europas vom Faschismus. Im Mai 1943 erhielt Zurawska die Einberufung zur 1. Polnischen Armee, die bei Moskau formiert wurde. So kam sie in das Frauenbataillon »Emilia Plater«. Nach einer Offiziersausbildung in Rjasan kämpfte sie u.a. am Magnuszewsko-Warecki-Brückenkopf und bei der Befreiung Warschaus. In den 1990er Jahren setzte sie sich intensiv für die Versöhnung aller polnischen Frauen-Soldaten ein. Ihre gemeinsam, mit der ehemaligen Fallschirmspringerin der Armia Krajowa (AK) Elzbieta Zawacka unternommenen Bemühungen stießen jedoch auf Widerstand unter Soldatinnen der AK, welche die an der Seite der Sowjetunion kämpfenden Frauen nicht anerkennen wollten. Bis heute streitet sie für die Würdigung des wichtigen Beitrages der Soldatinnen der Polnischen Armee bei der Zerschlagung des Faschismus.

Tag der Mahnung, 9. September 2012: Zeitzeuginnen-Gespräche mit Janina Duda und Adela Zurawska, ab 14.45 Uhr

10. September, 10.45 Uhr: Feierliche Pflanzung einer Gedenkbirke vor der Robert-Jungk-Oberschule. Mehr Infos: www.tag-der-mahnung.de/

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